Köln/São Paulo 24.04.2019: Das von floresta urbana eine gemeinnützige, sozial-ökologische Organisation aus São Paulo, Brasilien und dem Kölner KATALYSE Institut geplante Stadtfarm-Pilotprojekt auf dem Dach eines Hochhauses im Zentrum der Stadt São Paulo geht in die nächste Phase.
Die Produktion von Lebensmitteln ohne Pestizidrückstände direkt in der Stadt, ist ein weltweiter Trend. Urbane Landwirtschaft erhöht die Lebensqualität und verbessert die Umwelt- und Klimabilanz der Großstadt und der Nahrungsmittelproduktion. Denn Lebensmittel werden vor Ort produziert und verzehrt, sodass Lebensmitteltransporte in die Stadt und damit verbundene Emissionen reduziert werden können. Die Stadtbevölkerung profitiert vom Direktverkauf von lokal erzeugtem Fisch und Gemüse und perspektivisch auch von neuen Arbeitsplätzen im Quartier. Dach- und Fassadengärten bringen in Städten mit dichter Bebauung klare Klimavorteile, denn sie verschatten die Gebäude und verringern damit den Energieverbrauch der Klimaanlagen. So können Hochhausgärten der städtischen Überhitzung entgegenwirken und die Folgen des Klimawandels abschwächen.
Die technologische Basis des Vorhabens ist die Aquaponik, ein ultraleichtes und automatisiertes System, welches Gemüse und Früchte mit von Fischen gedüngtem Wasser in einem geschlossenen Kreislauf ernährt. Der Fischdung wird von Bakterien in Nitrite und Nitrate abgebaut, die den Pflanzen als Nährstoff dienen.
Gemüseanbau und Fischzucht inmitten der Wolkenkratzer von São Paulo
Köln/São Paulo 24.04.2018: floresta urbana eine gemeinnützige, sozial-ökologische Organisation aus São Paulo, Brasilien und das Kölner KATALYSE Institut bringen mit einem Pilotprojekt Gemüseanbau und Fischzucht auf Hochhausgärten in das Zentrum von São Paulo. Ein internationales Konsortium will die Aquaponik Technologie auf subtropische Verhältnisse anpassen. Bei einem ersten vom EU Projekt ‚Low Carbon Brazil‘ finanzierten Treffen des Konsortiums wurde im Januar 2019 die Eignung von vorausgewählten Dachflächen in São Paulo für die Gemüse- und Fischzucht geprüft und diesbezügliche Machbarkeitsstudien erstellt. Derzeit wird über die Installation eines ersten Roof Top Pilotprojekts auf dem Dach eines Gebäudes der Päpstlichen Katholischen Universität (PUC) in der Innenstadt von São Paulo verhandelt (vgl. Newsletter ‚Low Carbon Brazil‘ 04/2019). Geht alles nach Plan, soll Ende 2019 auf diesem Gebäude der PUC ein erster Hochhausgarten zur Lebensmittelproduktion den Betrieb aufnehmen.
Die Produktion von Nahrungsmitteln in städtischen Gärten (Urban Gardening) ist seit geraumer Zeit ein weltweiter Trend. Doch stoßen diese Initiativen in Großstädten oft an Grenzen, weil es zu wenig Brach- und Gartenflächen gibt, die bewirtschaftet werden können. Ein vielversprechender Ansatz ist deshalb, bisher ungenutzte „tote“ Dachflächen von städtischen Gebäuden, Universitäten und Kaufhäusern für eine lokale Lebensmittelproduktion zu nutzen.
An dieser Stelle kommt die „Aquaponik“ ins Spiel, eine Wortschöpfung aus „Aquakultur“ und „Hydroponik“. Die Symbiose von Gemüseanbau und Fischzucht bietet Vorteile: Die Pflanzen beziehen ihre Nährstoffe aus dem Abwasser der Fischzucht und reinigen es gleichzeitig, so dass es in den Fischbecken wiedereingesetzt werden kann, es entsteht ein Wasserkreislauf mit Mehrwert.
Dach- und Fassadengärten bringen in Megacities mit dichter Bebauung deutliche Klimavorteile. Durch die Dach- und Fassadengärten werden die Gebäude verschattet und damit der Energieverbrauch für die Klimaanlagen verringert. Das kommt dem lokalen Klima zu Gute. Die riesige Hitzeinsel der Stadt verschärft den Klimawandel, denn die Region ist durch das El-Niño-Phänomen ohnehin besonders betroffen. So können Hochhausgärten einen Beitrag leisten, die städtische Überhitzung und die Folgen des Klimawandels abzuschwächen.
Das Klima in São Paulo ist für die Pflanzen- und Fischzucht in Dachgärten besonders gut geeignet, Gemüse und Salate können mehrmals im Jahr geerntet werden. Die lokale Lebensmittelproduktion erspart aufwändige Transporte und damit verbunden Emissionen. Die Stadtbevölkerung profitiert vom Direktverkauf von lokal erzeugtem Fisch und Gemüse und perspektivisch auch von neuen Arbeitsplätzen im Quartier.
Professionelle „Aquaponik“-Farmen, die Gemüseanbau und Fischzucht kombinieren haben sich weltweit in Großstädten mit wenig Freiflächen wie in Japan und in den USA entwickelt. 2017 wurde Europas größte Dachfarm „Ferme Abattoir“ in Brüssel in Betrieb genommen. Der Gemüsegarten und die Aquaponik-Fischfarm umfassen je 2.000 m2, auf denen ca. 35.000 kg Streifenbarsch und 20.000 kg Cherry-Tomaten pro Jahr geerntet werden. In Deutschland sind v.a. in Berlin Initiativen für Aquaponik entstanden. Ausgehend von den Forschungsprojekten Tomatenfisch (www.tomatenfisch.igb-berlin.de) und Roof Water Farm (www.roofwaterfarm.com) entwickelt eine Reihe von Initiativen Geschäftsmodelle für urbanen Gemüseanbau und Fischfarmen, wie etwa TopFarmers (www.topfarmers.de) und ECF-Farmsystems (www.ecf-farmsystems.com), deren Erfahrungen im vorliegend Pilotprojekt aufgenommen werden.
Das Feld für eine lokale Lebensmittelproduktion in São Paulo ist bereitet, denn bereits mehr als tausend Stadtbauern betreiben städtische Landwirtschaft und Gemüsegärten auf freien Flächen. Nun gilt es die Dächer von Gebäuden mit Dachgärten und Fischfarmen „zu besetzen“.